Ausstellung „Naumburg 33-45“

27. Juli 2024

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Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Die Verbindung von Auschwitz Monowitz und Leuna“ als Projekt der Geschichtswerkstatt Merseburg-Saalekreis e. V. wird vom 27. Juli 24 bis 23.August 24 im Wiegand-Quartier Merseburg, ehemals VEB Apparatebau Merseburg, in einer stillgelegten ehemaligen Werkhalle, die Ausstellung „Naumburg 33-45“ gezeigt.

Sie wurde als Projekt des LV VVN-BdA Sachsen-Anhalt e. V. von unserem Landesvorstandsmitglied Tamara Misch und einer Initiative Naumburger Bürger*innen erarbeitet.

Als Wanderausstellung konzipiert steht sie exemplarisch für die unheilvolle Entwicklung deutscher Städte zu willigen Gefolgschaftsorten faschistischen Terrors.

33 Tafeln beleuchten, wie ein faschistisches System der Täter und Mitläufer*innen entsteht, stabilisiert wird und funktioniert, zeigt aber auch, wie Menschen trotz Terror humanistische Werte bewahren, wie sie unter Todesgefahr Widerstand leisten.

Die Ausstellung richtet sich an alle Bürger*innen , vor allem aber an junge Menschen.

Ihr Ziel: Lehren aus der faschistischen Vergangenheit ziehen für den heutigen Umgang und Kampf gegen Rechtsextremismus und Neofaschismus.

Die Ausstellung wurde von Kerstin Eisenreich (MdL, DIE LINKE) eröffnet.

Die Rede hielt Gisela Döring, Vorsitzende Des LV VVN-BdA Sachsen-Anhalt e. V. Sie kann im Folgenden nachgelesenwerden.

Eröffnungsrede von Landesvorsitzender Gisela Döring

Liebe Anwesende!
Als LV VVN-BdA Sachsen-Anhalt, unter dessen Schirmherrschaft diese Ausstellung entstand und zuerst 2006 im Naumburger Kulturhaus „Otto“ gezeigt wurde, sind wir sehr erfreut, dass sie heute und hier in Merseburg der Öffentlichkeit, vor allem jungen Menschen, nahegebracht wird.
Außer in Naumburg selbst konnten wir sie im Rahmen der Bildungswochen gegen Rassismus von „Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage“ in Halle 2014 und 2017 mit großem Erfolg präsentieren.
Die Ausstellung wurde von einer Initiativgruppe Naumburger Bürger*innen erarbeitet. Seele und Motor dieser war und ist Tamara Misch, Landesvorstandsmitglied unseres Verbandes und Vorsitzende der BO Naumburg. Ihr besonders ist es zu verdanken, dass mit technischer und inhaltlicher Förderung durch die Landeszentrale für politische Bildung, die Ausstellung „Naumburg 33-45“ in heutiger moderner Form nebst Katalog vorliegt.

Es ging der Initiativgruppe besonders darum in Text und Bild eine Übersicht über die dunklen Jahre 33-45 anhand ihrer Stadt, Naumburg, zu schaffen. Es gelang dabei eine Sicht auf Täter zu werfen: z.B. den Faschisten, den Antisemiten, Judenvernichter und langjährigen OB von Naumburg Friedrich Uebelhoer, der späteren „Schlächter von Lodz“. Außerdem wird an Mitläufer gezeigt, wie aus normalen Menschen Mörder wurden ohne eine Sicht vor allem auf die Opfer des Faschismus: Juden, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene zu vernachlässigen.
Bertolt Brecht schreibt in seinem Gedicht „Deutschland“:

„O, Deutschland, bleiche Mutter! Wie sitzest du besudelt unter den Völkern…“

Die Ausstellung zeigt das. Aber dann leuchtet ein „Trotz alledem“auf. Es werden mutige Frauen und Männer, vor allem aus der organisierten Arbeiterbewegung, SPD, KPD, Gewerkschaften, die ihren Idealen treu blieben, gezeigt. Ihr lebensgefährlicher illegaler Kampf wird beleuchtet, ihre Aktionen, mit denen sie die Menschen aufklären wollten, versuchten, sie zu einer Gegenbewegung zu ermutigen.
Einer von ihnen war der hier vorgestellte deutsch-jüdische Rechtsanwalt Dr. Artur Samter. Der KPD nahestehend gründete er in Naumburg erst legal, dann illegal fortführend, politische Zirkel, verfasste er Texte für Flugblattaktionen.
Er wurde 1943 in Auschwitz ermordet. Bis 1991 gab es in Naumburg die Artur-Samter-Straße, ein Artur-Samter-Kinderheim. Im zweiten Jahr nach der Wende wurde sein Name entsorgt. Ein politischer Skandal. Tamara Misch u.a. haben dagegen protestiert. Im konkreten Fall erfolglos. Der Name Artur Samter ist jetzt auf Gedenktafeln zu sehen.
Der Initiativgruppe, besonders Tamara Misch, ging es bei der Ausstellung um Aufklärung, vor allem der Jugend, über das Wesen des historischen Faschismus. Gleichzeitig soll die Ausstellung dazu dienen, daraus Lehren für unseren heutigen Kampf, unsere Handlungsmaximen im Kampf gegen Rechtsextremismus und Neofaschismus, zu ziehen.
Im Februar diesen Jahres fanden hier in Merseburg, in Naumburg und anderen deutschen Städten, in Halle waren es 16000, machtvolle Kundgebungen statt gegen den Versuch des heutigen Faschismus seine Machtbasis zu verfestigen und auszuweiten.
In Halle mobilisierten wir als VVN-BdA vor dem Justizzentrum im April und Mai gegen den Faschisten Björn Höck. Er ist angeklagt wegen des Verwendens der SA-Kampfparole: “Alles für…“. Die AFD als Partei findet, das sei ein bloßer Allerweltsspruch, sekundiert hier von einem gewissen Milliardär, dem die Plattform X gehört, der subventioniert wird und trotz Protest der Bevölkerung Wälder abholzt.
Mit diesem Allerweltsspruch holte die SA schon 1933 Mitglieder der SPD, KPD, GEWerkschaften nachts aus den Wohnungen, prügelte sie die Treppen runter, ermordete sie vor den Augen der Kinder, schleppte sie in die ersten illegalen KZ.
Die Neofaschisten bedienen sich bei der Ideologie des, wie in der Ausstellung hier dargestellt, historischen Faschismus. Unverblümt spricht Höcke in seinen Grundsatzreden vom deutschen Volkskörper, der sterben wird, wenn seine biologische Einheit vom Eindringen der Migranten zersetzt wird.
In ihrer sozialen Demagogie halten sie die gleichen Versprechungen parat. Wohlstand und Glück für das Volk – wohlgemerkt das deutsche. Nur für die mit deutschem Blut. Wiederaufstehen des deutschen Herrenmenschentums.

Als VVN-BdA stehen wir im Vermächtnis unserer Gründungsmitglieder, der Überlebenden der KZ und Zuchthäuser, die geschworen haben, den Faschismus mit der Wurzel auszurotten.
Die AFD, als gesichert rechtsextrem eingestuft, hat sich dagegen auf die Fahne geschrieben in der Erinnerungs- und Gedenkkultur eine 180°-Wende, hin zur tapferen faschistischen Wehrmacht, weg vom Schuldkult, zu machen.
Darunter würde dann auch diese Ausstellung fallen.
Eine Verhöhnung der Opfer des Faschismus und der Widerstandskämpfer.
Das lassen wir nicht zu.
Als VVN-BdA sind wir Mitglied der bundesweiten Kampagne „Menschenwürde verteidigen! AFD-Verbot, jetzt!“ und fordern die Regierung auf, ehe es zu spät ist, endlich einen Verbotsantrag zu stellen.
Unser Gründungsmitglied der VVN, der deutsch-jüdische Widerstandskämpfer Peter Gingold, hinterließ uns die Mahnung: „1933 wäre verhindert worden, wenn alle Gegner der Nazis ihren Streit untereinander zurückgestellt und gemeinsam gehandelt hätten.
Heute haben wir alle diese Erfahrung, heute muss jeder wissen, was Faschismus bedeutet. Für alle zukünftigen Generationen gibt es keine Entschuldigung mehr, wenn sie den Faschismus nicht verhindern.“

In diesem Sinne wünschen wir als LV VVN-BdA Sachsen-Anhalt der Ausstellung „Naumburg 1933-45“ viel Erfolg!

Gisela Döring