Statement zum Aufstellen der Skulptur „Widerstehen“

17. September 2024

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Als inhaltliche Einheit zur Eröffnung der von Historikern der Gedenkstätte „Roter Ochse“ erarbeiteten, bedeutenden Ausstellung „ Reichskriegsgericht 1936 – 1945“ wurde in deren Innenhof die monumentale Skulptur „Widerstehen“ des bekannten halleschen Bildhauers, Prof. Bernd Göbel, aufgestellt.

Angehörige, Nachkommen der von den deutschen Faschisten Ermordeten aus europäischen Ländern haben dort mit stolzer Genugtuung dieses eindrucksvolle Denkmal als Würdigung des Widerstandes gegen das faschistische Terrorsystem entgegengenommen.

Dem könnten wir als Landesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschist*innen zustimmen, aber wir haben uns schon als Mitglied des Beirates 1933-1945 der Gedenkstättenstiftung Sachsen-Anhalt in der Abstimmungsphase über das Aufstellen der Skulptur dagegen ausgesprochen.

Warum? Die Gedenkstätte „Roter Ochse“ erinnert auf zwei getrennten Ebenen , auf der ersten an die Opfer und Widerstandskämpfer*innen im Faschismus, auf der zweiten an die politisch Verfolgten von SBZ/DDR.

Konsens in der erinnerungspolitischen Arbeit der Gedenkstättenstiftungen der BRD ist, dass die Singularität der faschistischen Verbrechen nicht relativiert, die Menschenrechtsverletzungen in der SBZ/DDR nicht bagatellisiert werden. So, z.B., wird das, strikt getrennt, im ehemaligen KZ Buchenwald gehandhabt.

Das ist hier, geschuldet auch der Beengung, bezogen auf öffentliche Gedenkveranstaltungen, nicht der Fall. Der dem öffentlichen Gedenken gewidmete Innenhof zeigt zwei fast nebeneinander angebrachte, gleichförmige Tafeln, die jeweils der Opfer von Faschismus und SBZ/DDR gedenken und so, durch die gleichförmige Nähe den Eindruck vermitteln, es gehe hier um Menschen, die „ alle gleichermaßen Opfer von Krieg und Gewalt sind“.

Eine solche Gleichsetzung der Opfer und Widerstandskämpfer*innen gegen das deutsche faschistische System mit den politisch Verfolgten von SBZ/DDR ist nicht hinnehmbar.

Noch weniger jetzt durch die Erhöhung und Verstärkung des Gedenkortes auf Grund der starken Wirkung des bedeutenden Kunstwerkes.

Der Autor des Artikels schreibt, dass die Skulptur zum Gedenken an die politisch Verfolgten der NS- und der SBZ/DDR aufgestellt wurde.

Gegen eine solche fatale Gleichsetzung von Opfern bzw. politisch Verfolgten unterschiedlicher Systeme, davon das eine mörderisch, haben wir uns gewandt und treten dem entschieden entgegen.

Diese Gleichsetzung relativiert und verharmlost das verbrecherische deutsche faschistische System und dämonisiert die DDR.

Schlimm genug, dass es in der DDR politisch Verfolgte gab, aber die Dimensionen der Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen sind nicht vergleichbar. Das faschistische deutsche System verfolgte nicht einfach politisch Andersdenkende. Sie ermordeten sie zu Tausenden in den KZ und Zuchthäusern. Mit industriemäßigen Methoden ermordete sie 6 Millionen Juden, ½ Million Sinti und Roma, führte sie Vernichtungsfeldzüge gegen die slawischen Völker, wütete sie in Frankreich, in den skandinavischen Ländern.

Im „Roten Ochsen“ wurden in diesem Zusammenhang 549 Menschen aus 15 europäischen Ländern hingerichtet, im gleichen Gebäude, als Zuchthaus betrieben, Häftling bis 1945 gefoltert.

Wir wenden uns nicht gegen das Kunstwerk von Prof. Göbel. Es ist beeindruckend und verstörend.

Wir wenden uns als LV VVN-BdA Sachsen-Anhalt gegen die Gleichsetzung von Opfern und Widerstandskämpfer*innen gegen den Faschismus mit politisch Verfolgten von SBZ/DDR.

Beides ist durch die Singularität der faschistischen Verbrechen nicht vergleichbar.

Es bleibt im Gedächtnis der Völker die deutsche Schuld. Wir als Nachkommen sind nicht schuld, aber wir haben die historische Verantwortung, die Erinnerung an die Schuld hochzuhalten und gegen den heutigen Neofaschismus zu kämpfen.

Gisela Döring

LV VVN-BdA Sachsen-Anhalt e.V.

Vorsitzende