Statement zu den herausgerissenen Stolpersteinen in Zeitz: Deutschland hat ein Antisemitismusproblem
14. Oktober 2024
Antisemitismus, Stolpersteine, Zeitz
Deutschland hat ein Antisemitismusproblem! Deutschland hat ein Menschenrechtsproblem!
Seit dem mörderischen Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel hat sich der latente Antisemitismus im ehemaligen Täterland, Deutschland, radikalisiert, schlägt in nackte Gewalt um. Junge Männer mit Kippa werden zusammengeschlagen, Davidsterne an Wohnungstüren deutsch-jüdischer Menschen geschmiert, jüdische Einrichtungen besudelt.
Auf pro-palästinensischen Demos grassieren Rufe zur Eliminierung von Israel.
Einen Tag vor dem 5. Jahrestag des versuchten Auslöschens der jüdischen Gemeinde zu Halle durch einen Neofaschisten wurden Gedenktafeln an einem weiteren Anschlagsort mit Hakenkreuzen beschmiert.
Wie zur Bestätigung der auf großen Tafeln vom Bündnis Halle gegen Rechts zum Tag des Gedenkens sichtbar gemachten Losung: „Deutschland hat ein Antisemitismusproblem“, wurden in der Nacht zum 9. Oktober, zum Jom Kippur, dem höchsten Fest, dem Versöhnungsfest der Juden, 10 Stolpersteine in Zeitz aus der Erde gerissen.
Sie waren zu Ehren der von den deutschen Faschisten Ermordeten, den deutsch-jüdischen Zeitzer Bürgerinnen und Bürgern, verlegt worden. Ihrer hier, an diesem Ort, wurde gedacht, es war, ist und bleibt ein Gedenkort.
Hier wütete blinder Judenhass. Das Herausreißen der Steine war wie eine zweite Hinrichtung, sollte nun ein endgültiges Auslöschen auch der Erinnerung und des Gedenkens sein.
Gleichzeitig aber auch eine Hassbotschaft, eine gebündelte Gewaltansage an die unter uns lebenden jüdischen Menschen.
Das lassen wir nicht zu!
Wir lassen uns als demokratische Zivilgesellschaft nicht einschüchtern.
Wir lassen aber auch nicht zu, dass unter dem Deckmantel des legitimen Mitleids, der legitimen Solidarität mit der palästinensischen Zivilbevölkerung, mit dem Slogan „From the river to the sea“ aufgerufen wird, den Staat Israel zu eliminieren.
Israel war und ist für verfolgte, vertriebene, für Schutz suchende jüdische Menschen sichere Heimat. Wir als ehemaliges Tätervolk stehen in historischer Verantwortung diesen Staat zu schützen.
Als Landesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten haben wir dabei vor allem unsere Kameraden und Kameradinnen, die Überlebenden der Konzentrationslager und ihre Nachkommen im Blick.
Wir verurteilen auf das schärfste die Verbrechen der Hamas und fordern die sofortige Freilassung der Geiseln. Gleichzeitig plädieren wir für eine 2-Staaten-Lösung, damit beide Völker in Frieden leben können.
In breiten Bündnissen mit der demokratischen Zivilgesellschaft und den Bündnissen gegen Rechts erheben wir unsere Stimme auf Demonstrationen und Kundgebungen gegen die geistigen Brandstifter, die AFD als verlängerter parlamentarischer Arm der Neonazi-Szene.
Sie bereiten mit ihren ans Licht gekommenen Plänen zur Deportation von Migranten und Andersdenkenden, mit der geplanten 180°-Wende in der Gedenkkultur zur Verherrlichung des Militarismus und Verharmlosung des deutschen Faschismus den Boden für nackte, entfesselte Gewalt, Verschwörungsmythen und Judenhass.
Aus diesem Grunde fordern wir ein AFD-Verbot. Es ist überfällig.
Gleichzeitig stellen wir uns entschieden gegen die unverhältnismäßige, der Universalität der Menschenrechte Hohn sprechende, verschärfte europäische Asylgesetzgebung.
Ein solches Aussortieren von Menschen, das mit menschenverachtenden Begriffen, wie – Abschieben, Abschiebe haft – gehandhabt wird, ein Wegjagen von unliebsamen, Schutz suchenden Menschen, widerspricht Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Menschenwürde ist unantastbar“.
Sie ist aber mit einer solchen unmenschlichen Praxis antastbar geworden. Das wird vor aller Augen demonstriert, mit viel Beifall aus rechtsextremer und neofaschistischer Ecke.
Damit wird bei vielen, noch ungefestigten jungen Menschen der verhängnisvolle Grundstein für rassistisches Herrentum Denken gelegt.
Wir fordern von den Verantwortlichen, dass diese menschenunwürdige Praxis beendet wird!
Wir sollten uns alle auf den von den Überlebenden der KZ abgelegten Schwur als Handlungsmaxime besinnen:
„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“ .
Gisela Döring
LV VVN-BdA Sachsen.Anhalt
Vorsitzende