PM: Wir verurteilen den Stolperstein-Schändung in Halle

24. Oktober 2024

, ,

Der Landesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) verurteilt auf das Schärfste den schweren antisemitischen Vorfall, das brutale Herausreißen von fünf Stolpersteinen, die zu Ehren der Familie Brilling in die Erde eingelassen wurden.
In Halle waren es fünf, in Zeitz fast zeitgleich zehn Stolpersteine, die herausgerissen wurden. Seit dem mörderischen Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel hat sich der latente Antisemitismus im ehemaligen Täterland Deutschland radikalisiert, schlägt in nackte Gewalt um.
Die Gedenkortschänder waren keine gewöhnlichen Diebe. Das war blinder Judenhass, gezielt um den Jahrestag des mörderischen Anschlags, der auf die Gemeinde der halleschen Synagoge verübt wurde.
Das brutale Herausreißen und Herumtrampeln auf den Namen der Opfer des deutschen Faschismus wirkt wie eine zweite Hinrichtung.
Die Täter zielen darauf, die Erinnerung, das mahnende Gedenken, die Ehrfurcht vor den Ermordeten auszulöschen.
Gleichzeitig ist es aber auch eine Hassbotschaft, eine gebündelte Gewaltansage an alle jüdischen Menschen.
Als Teil der demokratischen Zivilgesellschaft, als antifaschistischer Opferverband, in deren Reihen sich auch Holocaustüberlebende und deren Nachkommen befinden, lassen wir uns nicht einschüchtern.
Wir stehen in herzlicher Solidarität zu allen jüdischen Mitbürger*innen hier, aber auch zu denen, die in Israel leben.
Seien wir alle, in historischer Verantwortung stehend, dankbar, dass die Nachkommen der deutsch-jüdischen Opfer wieder zu uns gefunden haben.

Gisela Döring
VVN-BdA Landesverband Sachsen-Anhalt
Vorsitzende

Statement zu den herausgerissenen Stolpersteinen in Zeitz: Deutschland hat ein Antisemitismusproblem

14. Oktober 2024

, ,

Deutschland hat ein Antisemitismusproblem! Deutschland hat ein Menschenrechtsproblem!

Seit dem mörderischen Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel hat sich der latente Antisemitismus im ehemaligen Täterland, Deutschland, radikalisiert, schlägt in nackte Gewalt um. Junge Männer mit Kippa werden zusammengeschlagen, Davidsterne an Wohnungstüren deutsch-jüdischer Menschen geschmiert, jüdische Einrichtungen besudelt.

Auf pro-palästinensischen Demos grassieren Rufe zur Eliminierung von Israel.

Einen Tag vor dem 5. Jahrestag des versuchten Auslöschens der jüdischen Gemeinde zu Halle durch einen Neofaschisten wurden Gedenktafeln an einem weiteren Anschlagsort mit Hakenkreuzen beschmiert.

Wie zur Bestätigung der auf großen Tafeln vom Bündnis Halle gegen Rechts zum Tag des Gedenkens sichtbar gemachten Losung: „Deutschland hat ein Antisemitismusproblem“, wurden in der Nacht zum 9. Oktober, zum Jom Kippur, dem höchsten Fest, dem Versöhnungsfest der Juden, 10 Stolpersteine in Zeitz aus der Erde gerissen.

Sie waren zu Ehren der von den deutschen Faschisten Ermordeten, den deutsch-jüdischen Zeitzer Bürgerinnen und Bürgern, verlegt worden. Ihrer hier, an diesem Ort, wurde gedacht, es war, ist und bleibt ein Gedenkort.

Hier wütete blinder Judenhass. Das Herausreißen der Steine war wie eine zweite Hinrichtung, sollte nun ein endgültiges Auslöschen auch der Erinnerung und des Gedenkens sein.

Gleichzeitig aber auch eine Hassbotschaft, eine gebündelte Gewaltansage an die unter uns lebenden jüdischen Menschen.

Das lassen wir nicht zu!

Statement zu den herausgerissenen Stolpersteinen in Zeitz: Deutschland hat ein Antisemitismusproblem weiterlesen »

Stolpersteine – eine gerechte Form des Mahnens, Gedenken und Erinnern

11. Oktober 2024

, ,

In Zeitz im Burgenlandkreis haben Unbekannte seit Freitag alle zehn Stolpersteine gestohlen, die an das Schicksal der Juden der Stadt erinnern, die zur NS-Zeit deportiert wurden. Und drei Tage später, am 7. Oktober, jährte sich der Überfall der Hamas auf Israel, bei dem 1.200 Israelis getötet und etwa 250 weiter als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Der Staatsschutz hat Ermittlungen aufgenommen, da ein antisemitisches Motiv nicht auszuschließen ist. So lautet kurz und knapp die mediale Schlagzeile dazu. Was verbirgt sich jedoch hinter dieser Meldung und welche Auswirkungen hat sie auf unseren Alltag?

Diese antisemitischen und faschistischen Anschläge oder Schändungen nehmen immer mehr zu. Stolpersteine werden entfernt, beschmiert, mit Farbe und Beton übergossen oder zerkratzt und zerstört.

Stolpersteine bringen die Namen der Naziopfer wieder an die Orte zurück, von denen sie aus vertrieben wurden, sie tragen – oft nach jahrzehntelanger Verdrängung – diesen Vorgang gleichsam wieder an die Oberfläche. Mittlerweile liegen über 105 000 Stolpersteine in über 30 Staaten.

Stolpersteine – eine gerechte Form des Mahnens, Gedenken und Erinnern weiterlesen »

Zum Gedenken an den 9. Oktober 2019

8. Oktober 2024

, ,

Sehr geehrte, liebe Mitglieder der jüdischen Gemeinde zu Halle an der Saale,

Sehr geehrter Herr Vorsitzender der jüdischen Gemeinde zu Halle an der Saale, Max Privorozki,

an diesem 9. Oktober des Jahres 2024, dem nunmehr fünften Jahrestag des versuchten mörderischen Anschlags auf Ihre in der Synagoge versammelte Gemeinde durch einen Neofaschisten, bekräftigen wir als Landesverband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Sachsen-Anhalt unsere immerwährende Solidarität mit Ihnen allen.

Als Teil der demokratischen Zivilgesellschaft unserer Stadt und der Region freuen wir uns, Sie als unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger bei uns zu haben und damit auch teilhaben zu dürfen an Ihrem lebendigen deutsch-jüdischen Kulturleben.

Wir stehen Ihnen gegenüber als ehemaliges Tätervolk in historischer Verantwortung, und wir lassen es nicht zu, dass Ihnen von Neofaschisten Leid zugefügt wird.

So wie Tausende von Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern, darunter viele deutsch-jüdische Menschen, gegen den deutschen Faschismus gekämpft haben, so tragen wir als VVN-BdA dieses Vermächtnis unserer Gründungsmitglieder in breiten demokratischen Bündnissen weiter.

Das beinhaltet auch unsere entschiedene Haltung zum Existenzrecht des Staates Israel. Wir trauern weiterhin um die Opfer des Massaker der Terrororganisation Hamas, der am 7. Oktober 2023 Getöteten und fordern die Freilassung der Geiseln.

Liebe Mitglieder der jüdischen Gemeinde,

seien Sie nochmals unserer herzlichen und solidarischen Verbundenheit versichert.

Wir wünschen Ihnen mit uns, mit der demokratischen Zivilgesellschaft, ein gutes, ein schönes Leben, in unserer Stadt und der Region.

Gisela Döring
Landesverband VVN-BdA Sachsen-Anhalt
Vorsitzende

Brief an Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und Landtagespräsident Dr. Gunnar Schellenberger: „Der Stollen von Langenstein-Zwieberge ist Gedenkort“

30. September 2024

,

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff!
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident Dr. Gunnar Schellenberger!

Der Landesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Sachsen-Anhalt e. V. , gegründet von den Überlebenden der deutschen faschistischen Konzentrationslager und Zuchthäuser, setzt sich seit vielen Jahren für die würdige Gestaltung der Stollenanlage des ehemaligen Außenlagers des KZ Buchenwald-Dora als einem Ort des Leidens und Sterbens von Tausenden Häftlingen und Zwangsarbeitern aus 16 europäischen Ländern ein.
In diesem Sinne richteten wir mehrere Schreiben an Regierung und Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt. Wir unterstützten dabei besonders berechtigte Forderungen und Bitten von Nachkommen der Ermordeten und Überlebenden des ehemaligen KZ Langenstein-Zwieberge nach angemessener , würdiger und nachhaltiger Ausgestaltung des Stollensystems, das zwischen April 1944 und April 1945 als mörderischer Arbeits- und Leidensort fungierte.
Der 1994 erfolgte Verkauf der Stollenanlage von staatlichen Stellen der BRD an private Investoren ist uns als antifaschistischer Verband bis heute unerklärlich, hatte sich doch schon 1993 das EU-Parlament in einer Entschließung für den internationalen Schutz der ehemaligen Orte der Nazi-KZ ausgesprochen.
Der Verkauf führte dazu, dass bei immer wechselnden privaten Eigentümern des Stollens, Gedenkstätte, Förderverein, Nachkommen, Gedenkstättenstiftung etc. zu Bittstellern um die Nutzung der ihnen von den Besitzern eingeräumten 120m Eingangsfläche in den Stollen degradiert wurden.

Brief an Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und Landtagespräsident Dr. Gunnar Schellenberger: „Der Stollen von Langenstein-Zwieberge ist Gedenkort“ weiterlesen »

Solidarität mit der jüdischen Gemeinde zu Halle (Saale)

25. September 2024

Als Landesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, in dessen Reihen sich Überlebende des Holocaust und deren Nachkommen befinden, verurteilen wir voll Empörung und Entsetzen die menschenverachtenden, niederträchtigen antisemitischen Stimmen bis zu Morddrohungen aus dem Internet, Plattform Google, gegen die jüdische Gemeinde in Halle.

Vor 5 Jahren, am 9. Oktober 2024, hielt die Welt den Atem an. Im ehemaligen Täterland Deutschland, das 6 Millionen jüdische Menschen grausam ermordete, versuchte ein Neofaschist, die jüdische Gemeinde auszulöschen. Es gelang nicht. Ein antisemitischer Nutzer kann heute unbehelligt auf der weltweit agierenden Plattform Google zitieren: „Sie öffneten die Tür nicht …“

Nein, die Tür war stark.

Sie ist stark.

So stark wie die antifaschistische, humanistisch gesinnte Zivilgesellschaft.

Liebe, sehr geehrte Mitglieder der jüdischen Gemeinde, als Landesverband der VVN-BdA Sachsen-Anhalt stehen wir fest und unverbrüchlich an Ihrer Seite.

Wir fordern die verantwortlichen staatlichen Stellen auf, politischen und juristischen Einfluss auf die Plattform Google zu nehmen. Es ist nicht hinnehmbar, dass dort Hassbotschaften verbreitet werden.

Nochmals, wir versichern der jüdischen Gemeinde zu Halle (Saale) unserer herzlichen Solidarität.

Gemeinsam mit dem Bündnis Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage, der Koalition gegen Antisemitismus und der demokratischen Zivilgesellschaft wollen wir alles dafür tun, dass Sie so bei uns, unter uns, mit uns, als unsere lieben Mitbürger*innen, so leben, wie es der deutsch-jüdische Schriftsteller Stefan Heym, 1936, als Emigrant in den USA, schrieb:

[…] Neue Liebe unter neuen
Menschen, die mit frohem Grüssen
sich des neuen Daseins freuen –
Neuer Geist, der uns beschwört!
Eine Welt zu unsern Füssen,
eine Welt, die uns gehört!

„Wenn die unerhörten Klänge“ – Stefan Heym

Gisela Döring
LV VVN-BdA Sachsen-Anhalt
Vorsitzende

Die Mitteldeutsche Zeitung hat darüber berichtet: https://www.mz.de/lokal/halle-saale/antifaschisten-verurteilen-hass-rezensionen-auf-google-seite-der-synagoge-von-halle-3922672

Statement zum Aufstellen der Skulptur „Widerstehen“

17. September 2024

, ,

Als inhaltliche Einheit zur Eröffnung der von Historikern der Gedenkstätte „Roter Ochse“ erarbeiteten, bedeutenden Ausstellung „ Reichskriegsgericht 1936 – 1945“ wurde in deren Innenhof die monumentale Skulptur „Widerstehen“ des bekannten halleschen Bildhauers, Prof. Bernd Göbel, aufgestellt.

Angehörige, Nachkommen der von den deutschen Faschisten Ermordeten aus europäischen Ländern haben dort mit stolzer Genugtuung dieses eindrucksvolle Denkmal als Würdigung des Widerstandes gegen das faschistische Terrorsystem entgegengenommen.

Dem könnten wir als Landesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschist*innen zustimmen, aber wir haben uns schon als Mitglied des Beirates 1933-1945 der Gedenkstättenstiftung Sachsen-Anhalt in der Abstimmungsphase über das Aufstellen der Skulptur dagegen ausgesprochen.

Warum? Die Gedenkstätte „Roter Ochse“ erinnert auf zwei getrennten Ebenen , auf der ersten an die Opfer und Widerstandskämpfer*innen im Faschismus, auf der zweiten an die politisch Verfolgten von SBZ/DDR.

Konsens in der erinnerungspolitischen Arbeit der Gedenkstättenstiftungen der BRD ist, dass die Singularität der faschistischen Verbrechen nicht relativiert, die Menschenrechtsverletzungen in der SBZ/DDR nicht bagatellisiert werden. So, z.B., wird das, strikt getrennt, im ehemaligen KZ Buchenwald gehandhabt.

Das ist hier, geschuldet auch der Beengung, bezogen auf öffentliche Gedenkveranstaltungen, nicht der Fall. Der dem öffentlichen Gedenken gewidmete Innenhof zeigt zwei fast nebeneinander angebrachte, gleichförmige Tafeln, die jeweils der Opfer von Faschismus und SBZ/DDR gedenken und so, durch die gleichförmige Nähe den Eindruck vermitteln, es gehe hier um Menschen, die „ alle gleichermaßen Opfer von Krieg und Gewalt sind“.

Eine solche Gleichsetzung der Opfer und Widerstandskämpfer*innen gegen das deutsche faschistische System mit den politisch Verfolgten von SBZ/DDR ist nicht hinnehmbar.

Noch weniger jetzt durch die Erhöhung und Verstärkung des Gedenkortes auf Grund der starken Wirkung des bedeutenden Kunstwerkes.

Der Autor des Artikels schreibt, dass die Skulptur zum Gedenken an die politisch Verfolgten der NS- und der SBZ/DDR aufgestellt wurde.

Gegen eine solche fatale Gleichsetzung von Opfern bzw. politisch Verfolgten unterschiedlicher Systeme, davon das eine mörderisch, haben wir uns gewandt und treten dem entschieden entgegen.

Diese Gleichsetzung relativiert und verharmlost das verbrecherische deutsche faschistische System und dämonisiert die DDR.

Schlimm genug, dass es in der DDR politisch Verfolgte gab, aber die Dimensionen der Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen sind nicht vergleichbar. Das faschistische deutsche System verfolgte nicht einfach politisch Andersdenkende. Sie ermordeten sie zu Tausenden in den KZ und Zuchthäusern. Mit industriemäßigen Methoden ermordete sie 6 Millionen Juden, ½ Million Sinti und Roma, führte sie Vernichtungsfeldzüge gegen die slawischen Völker, wütete sie in Frankreich, in den skandinavischen Ländern.

Im „Roten Ochsen“ wurden in diesem Zusammenhang 549 Menschen aus 15 europäischen Ländern hingerichtet, im gleichen Gebäude, als Zuchthaus betrieben, Häftling bis 1945 gefoltert.

Wir wenden uns nicht gegen das Kunstwerk von Prof. Göbel. Es ist beeindruckend und verstörend.

Wir wenden uns als LV VVN-BdA Sachsen-Anhalt gegen die Gleichsetzung von Opfern und Widerstandskämpfer*innen gegen den Faschismus mit politisch Verfolgten von SBZ/DDR.

Beides ist durch die Singularität der faschistischen Verbrechen nicht vergleichbar.

Es bleibt im Gedächtnis der Völker die deutsche Schuld. Wir als Nachkommen sind nicht schuld, aber wir haben die historische Verantwortung, die Erinnerung an die Schuld hochzuhalten und gegen den heutigen Neofaschismus zu kämpfen.

Gisela Döring

LV VVN-BdA Sachsen-Anhalt e.V.

Vorsitzende

Zum Tag der Erinnerung, Mahnung und Begegnung 2024 in Gardelegen

10. September 2024

, ,

Seit 1945 ist der Tag der Opfer des Faschismus (OdF), auch Tag der Erinnerung, Mahnung und Begegnung genannt, ein Tag, der dazu auffordert, sich mit Verfolgung und Widerstand in der Nazi-Zeit und zugleich mit Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus in der Gegenwart auseinanderzusetzen. Der zweite Sonntag im September wurde als Gedenktag von Überlebenden von Konzentrationslagern und Zuchthäusern sowie von Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern ins Leben gerufen und hat bis ins Heute nicht an Aktualität verloren.

Aus diesem Anlass wurde die KZ-Gräberstätte auf dem Friedhof der Gardelegener Einheitsgemeinde Wannefeld, auf Initiative und in gemeinsamer Verantwortung von Stadtverwaltung und dem Förderverein Gedenkstätte Isenschnibbe, am Samstag, 7. September 2024 restauriert der Öffentlichkeit übergeben. Die Grabplatten haben alle ein besonderes Merkmal und damit auch einen Wiedererkennungswert für die Todesmärsche in der Region im Frühjahr 1945: ein rotes Dreieck. Die Einzelgräber und Grabzeichen wurden gereinigt, erneuert, mit eine Graniteinfassung versehen, mit pflegeleichten Steinen aufgefüllt sowie mit etwas Grün bepflanzt. Damit hat die KZ-Gräberstätte, durch die 100-prozentige Landesförderung mit 17.900 EUR, wieder ein würdiges Gesamtbild erhalten. Die sich seit vielen Jahrzehnten in privater Obhut Pflege befindet und vor einem Jahr von der 14-jährigen Anneli Brune aus Wannefeld übernommen worden ist. Zwei der zehn Betonplatten mit dem markanten roten Dreieck haben die Häftlingsnummer beziehungsweise die Aufschrift Unbekannt. Die Inschrift des zentralen Gedenksteines „Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung, April 1945“. Der Schotter auf den Einzelgräbern soll an die Gleise der Bahnhöfe in Mieste und Letzlingen erinnern, wo die ca. 4.000 KZ-Häftlinge, unmittelbar vor Ende des Zweiten Weltkrieges ankamen. Zur Beschreibung dieses Mahnmal ist eine bronzene Tafel entstanden, die die historischen Quellen und Hintergründe zu den Geschehnissen benennt. In 12 Ortsteilen der Einheitsgemeinde Gardelegen gibt es Ehrenfriedhöfe für die Opfer der Todesmärsche im April 1945. Neun davon sind bereits saniert worden.

Alle Häftlinge stammten aus den Außenlagern Wieda, Osterhagen, Nüxei und Mackenrode des KZ Dora-Mittelbau. Sie kamen aus Belgien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Polen und der Sowjetunion. Sie mussten im Rahmen der SS-Baubrigade III Gleis-, Rodungs- und Erdarbeiten verrichten. Am 6. April 1945 wurden die Häftlinge zu Fuß ins Außen- und Sammellager Wieda getrieben. Von dort aus erfolgte am 7. April 1945 der Fußmarsch über den Harz. Anschließend wurden sie in offenen Güterwaggons, bei Kälte und anhaltenden Regenfälle, nach Norden transportiert, mit Ziel Sachsenhausen. Der Räumungszug kam gegen 17:30 Uhr am 11. April 1945 in der Ortschaft Letzlingen, gut zwölf Kilometer südöstlich von Gardelegen zum Stehen und wurde dort von alliierten Tieffliegern beschossen. Es herrschte Chaos, es gab Fluchten und Erschießungen. Etlichen Häftlingen gelang es zu fliehen. Die meisten Entflohenen wurden wieder eingefangen. In mehreren Marschkolonnen wurden die entkräfteten, ausgemergelten und hungrigen Männer dann in verschiedenen Richtungen nach Gardelegen abgeführt. Die den Todesmarsch in der damaligen Kreisstadt Gardelegen überlebten kamen dann, nachweislich sind 1.016 Menschen, in der Nacht des 13./14. April 1945 durch das Massaker in der Feldscheune Isenschnibbe bestialisch ums Leben.

Auf der Gedenkfeier informierte Torsten Haarseim vom Förderverein, dass es durch aufwendige und jahrelange Recherchen gelungen ist über die Häftlingsnummer 112 649 dem Toten wieder seine Identität und Würde zurückzugeben. Bei der Person haltet es sich um den 44-jährigen polnischen Staatsbürger Eligiusz Gulinki, ab 1938 Rechtsanwalt in Warschau.

In Würdigung der Todesopfer rezitierten Mitglieder der AG Stolpersteine des Geschwister-Scholl-Gymnasium den Songtext „Löwenherz“ von Julia Engelmann und das Dachau-Lied von Jura Soyfer, musikalisch umrahmt vom Männergesangverein Letzlingen.

Klaus-Peter Schuckies

Tag der Erinnerung, Mahnung und Begegnung in Halle

9. September 2024

, , ,

Am 8. September sind wir als Landesverband den Tag der Erinnerung, Mahnung un Begegnung auf dem Gertrauden Friedhof in Halle begangen. Nach einer Begrüßung durch unsere Landesvorsitzende Gisela Döring hielt Andreas Dose (DGB Halle, Tagebuch der Gefühle) die Gedenkrede und die Schüler*innen vom „Tagebuch der Gefühle“ könnten einen Einblick in ihr Projekt geben. Mit einer Schweigeminute gedachten wir den 679 im „Roten Ochsen“ durch die Nationalsozialisten ermordeten.

Begrüßungsrede von Landesvorsitzender Gisela Döring

Liebe Teilnehmerinnen, liebe Teilnehmer an unserem „Tag der Erinnerung, Mahnung und Begegnung“,
vor einem Jahr hier am Mahnmal für die Opfer des Faschismus versammelt, hofften wir, dass der unsägliche Krieg, den Russland als Aggressor gegen die Ukraine begonnen hat, durch Verhandlungen zu beenden sei, damit in Folge die Kriege alle auf dieser Welt. Vier Wochen später hielt die Welt den Atem an: die Terrororganisation Hamas verübte ein brutales Massaker an 1400 Menschen Israels, nahm 240 Geiseln. Nach Solidaritätsbekundungen , auch von uns, gedenken wir hier und heute dieser unschuldigen, wehrlosen Menschen, insbesondere auch der Überlebenden des Holocaust und ihrer Nachkommen. Wir verurteilen den um sich greifenden Antisemitismus. Wir, als Nachkommen der deutschen Faschisten, stehen in historischer Verantwortung ein für das Existenzrecht Israels. Gleichzeitig verurteilen wir die unverhältnismäßige militärische Gewalt der fundamentalistisch- rechtsreligiösen Regierung , die Gaza in ein Trümmerfeld verwandelt. Unser Standpunkt, den wir mit vielen linken Israelis und Palästinensern teilen, den unsere Ehrenvorsitzende, die Auschwitz-Überlebende und Sängerin, Esther Bejarano, vertrat, ist die überfällige 2-Staatenlösung.

In diesem Zusammenhang verbot der Berliner Senat auf Pro-Palästina-Demos gezeigte Fahnen mit rotem Dreieck/Winkel. Der rote Winkel wurde nach der Befreiung vom Faschismus zum Symbol der antifaschistischen Widerstandsbewegung, fand und findet sich auf zahlreichen Gedenksteinen der ersten Stunde. Er ist das bestimmende Logo-Teil unserer VVN-Fahne. Die politischen Häftlinge der KZ wurden mit dem roten Winkel markiert. Es ist schon vorgekommen, dass die Polizei in Berlin-vorerst- unsere Fahnen konfiszieren wollte. Die Berliner VVN-BdA, der Bundesvorstand, wir auch, haben uns deutlich dagegen ausgesprochen: Der rote Winkel bleibt!

Am Weltfriedenstag haben wir unsere Fahne mit dem roten Winkel gezeigt. Wir haben dort, gemeinsam mit der DFG-VK, der Partei DIE LINKE, den Omas gegen Rechts, ein deutliches Zeichen für Frieden, gegen kriegerische Lösungen, gesetzt. In Gesprächen kam immer wieder zum Ausdruck, dass die Menschen nichts von Kriegstüchtigkeit halten, dafür um so mehr von Friedensfähigkeit.

Irritierend dabei und laut Wahlergebnissen, dass ein Teil der AFD-Erfolge auf deren vermeintlichen Nimbus als Friedenspartei zurückgeht, müssen wir und die demokratischen Parteien stärker aufklärend wirken, der AFD die demagogische Friedensmaske vom Gesicht reißen. Wer Menschen deportieren will, kann kein Friedensfreund sein!

Die Widerstandskämpfer haben schon vor 1933 gegen die drohende Gefahr des Faschismus gekämpft. Die Losung der KPD: „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler. Wer Hitler wählt, wählt Krieg“ hat sich in den Vernichtungsorgien der deutschen Faschisten in fürchterlicher Weise erfüllt.

Die AFD will mit dem Krieg nach innen beginnen. Wir müssen diesen Menschenfeinden in breiten Bündnissen das Handwerk legen. Wir sind Mitglied der bundesweiten Kampagne: AFD-Verbot jetzt.

Diesen Kampf gegen Neofaschismus sind wir unseren Gründungsmitgliedern, den Überlebenden der KZ schuldig. Sie haben, wie Dr. Elfriede Paul, Ärztin und Mitglied der Schulze-Boysen-Harnack-Gruppe, deren Todesurteil aus Mangel an Beweisen zu hoher Zuchthausstrafe umgewandelt wurde, nach 1945, ohne sich zu schonen, am Aufbau des in Trümmern liegenden Landes entscheidend mitgewirkt. Elfriede, als KPD-Mitglied, wurde Ministerin in Hannover. Angefeindet von konservativ-rechten, aus ihren Schlupflöchern kriechenden alten Nazis, wurde sie aus dem Amt gedrängt. Sie und andere überlebende Mitglieder der „Roten Kapelle“ schafften es nicht, die erstarkende Neonaziszene zu durchbrechen. Der Blutrichter, Dr. Manfred Roeder, der über 100 Todesurteile über die „Rote Kapelle“ verhängte, konnte so unbehelligt die Mitglieder dieser großen Widerstandsorganisation als Landesverräter beschimpfen und denunzieren. In der BRD wurden sie kriminalisiert. Elfriede Paul, die in der DDR, in Magdeburg, an der Medizinischen Akademie einen Lehrstuhl für Sozialhygiene innehatte, wurde dort für ihre Widerstandsarbeit hoch geehrt.

Über sie und andere Überlebende der KZ und Zuchthäuser findet man heute harte Worte: sie hätten einem Unrechtstaat gedient und sich damit selbst ins Unrecht gesetzt. Wir als VVN-BdA ehren in ihnen ihren unter Einsatz ihres Lebens geleisteten Widerstand gegen das faschistische Terrorsystem, ehren in ihnen die Aktivisten der ersten Stunde, die erfolgreich mithalfen bei der Beseitigung materieller und geistiger Trümmer. Dafür ist ihnen zu danken. Der Dichter Bertolt Brecht sagt dazu in dem großen Gedicht: „An die Nachgeborenen“:

„Ihr aber, wenn es soweit sein wird
Dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unserer
Mit Nachsicht.“

Im Gedenken an sie , an Elfriede Paul, an Robert Siewert, an Martha Brautzsch…

wollen und müssen wir ihr Vermächtnis: „Den Faschismus mit der Wurzel ausrotten Für eine neue Welt des Friedens und der Freiheit“ weitertragen, mit Friedensbündnissen gemeinsam, mit den Bündnissen gegen Rechts, mit jungen Menschen vor allem …, mit uns hier, die wir heute und hier versammelt sind.

Gisela Döring

Grußwort CSD Zeitz

3. September 2024

Wir hatten zur Teilnahme und Solidarit mit dem ersten CSD in Zeitz aufgerufen und freuen uns sehr, dass unser Grußwort dort verlesen und mit großer Freude aufgenommen wurde.

Grußwort

Die Teilnehmer der Konferenz des Landesverbandes der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Sachsen-Anhalt übermitteln euch die herzlichsten, solidarischen Grüße und beglückwünschen euch alle zum ersten Christoher-Street-Day in Zeitz.

Wir sind stolz auf euch, dass ihr heute den öffentlichen Raum besetzt, um sichtbar ein Zeichen gegen noch immer bestehende Diskriminierungen eurer queeren Community zu setzen, zu protestieren.

Gleichzeitig erhebt ihr eure Stimme gegen eine von Faschisten geführte Partei, deren Ziel es ist, Migranten, politisch Andersdenkende und queere Menschen zu deportieren.

Das lassen wir nicht zu!

Im Sinne des Schwurs von Buchenwald, unserem Vermächtnis der von den deutschen Faschisten ermordeten und Überlebenden, darunter auch viele queere Menschen, ist es auch unser Ziel: „Den Faschismus mit der Wurzel auzurotten.“

     Als älteste antifaschistische Organisation Deutschlands stehen wir solidarisch an eurer Seite!

Wir wünschen euch heute einen wunderschönen, bunten, lebenfrohen Tag!

          Kein Fußbreit den Faschisten!

Mit antifaschistischen und solidarischen Grüßen,

i. A. des Landesverbandes VVN-BdA  ,

Gisela Döring

Vorsitzende

Ältere Nachrichten ·