Brief an Staatsminister Robra: Stollensystem der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge erhalten!

23. Oktober 2022

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Durch die Presse erfuhren wir, dass ein Insolvenzverwalter Grundstücke am Rande der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge an eine Privatperson verkaufte, was den Zugang zum Stollensystem möglicherweise verunmöglicht. Als Opferverband sehen wir es als unsere Aufgabe an uns an dieser Stelle einzumischen und uns mit der „Gruppe der 2. Generation“ zu solidarisieren. Zu diesem Zweck haben wir einen Brief an Staatsminister Robra geschrieben mit der Aufforderung vom Vorkaufsrecht des Landes Sachen-Anhalt Gebrauch zu machen und Gedenkstätte nicht nur zu erhalten sondern auch auszubauen.

Staatskanzlei – Herrn Staatsminister Robra – Magdeburg

Sehr geehrter Herr Staatsminister Robra,

der Landesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Sachsen-Anhalt e. V. stellt sich voll inhaltlich hinter den an Sie gerichteten Brief der internationalen „Gruppe der zweiten Generation“ der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge vom 16.10. 2022, der das Ziel hat, den vom Eigentümer des dortigen Stollensystems unterzeichneten Verkauf desselben durch das Vorkaufsrecht der Regierung von Sachsen-Anhalt zu unterbinden.

Auch wir als Opferverband, gegründet 1947 von den Überlebenden der deutsch-faschistischen Konzentrationslager und Zuchthäuser, erfuhren erst jetzt von dieser unglaublichen Tatsache, die, ließe man sie so stehen, bedeuten würde, das Gedenken an die mörderische Leidenszeit der ehemaligen Häftlinge, an die Brutalität und Sadismen der entmenschten SS-Leute, zu eliminieren und, objektiv gesehen, zu schänden.

Der historische Ort des Leidens, der Ort des grausamen Geschehens, dem über ein Drittel der unterernährten, in Lumpen gehüllten Menschen zum Opfer fielen, war in der Hauptsache der Stollen, das 13 km lange Stollensystem.

Es muss alles daran gesetzt werden, das Stollensystem, die, von den entkräfteten , um ihr Leben betrogenen, Häftlingen in den Berg getriebenen, Tunnel für das zutiefst ehrenvolle Gedenken an das Martyrium der Gefangenen, an die Gequälten, für die lebendige , verantwortungsvolle Erinnerungsarbeit, für die Mahnung an die Nachgeborenen in Deutschland selbst, zu erhalten.

Das sind wir als Nachfahren, in historischer Verantwortung stehend der deutschen Schande gegenüber, den Völkern der Welt schuldig.

Sehr geehrter Herr Staatsminister Robra,

wir bitten Sie, Ihren politischen Einfluss geltend zu machen, um den Verkauf des Stollensystems, dem Ort des Leidens der Häftlinge, durch das Vorkaufsrecht der Regierung zu unterbinden.

Wir regen an, dass über die , z. Zt. 120m Begehbarkeit des Stollens, hinaus, weitere, historisch wichtige Ausbauformen, wie, z. B. die Kreuzgewölbe und einige Beton-Ziegelstrecken in die lebendige Gedenkarbeit aufgenommen werden sollten.

Damit würde auch der pietätlose Verkauf des Stollensystems, des Ortes der Barbarei, kurz nach der Wende, an die Treuhand, ein gutes Stück Wiedergutmachung an die ehemaligen Häftlinge darstellen.

Mit freundlichen Grüßen,

Landesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Sachsen – Anhalt e. V.

Gisela Döring

Vorsitzende