Bericht: 1. September – Weltfriedenstag

2. September 2023

,

Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg mit dem barbarischen Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen. Millionen von Toten, ein vom faschistischen deutschen Regime geführter Vernichtungskrieg, das Menschheitsverbrechen der Shoah folgten diesem Datum – bis zur bedingungslosen Kapitulation am 8. Mai 1945. In Asien ging der von der japanischen Militärdiktatur ausgelöste Krieg noch weitere drei Monate.

Der Losung der Überlebenden des KZ Buchenwald „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ folgend, haben wir uns deshalb an der Kundgebung zum Weltfriedenstag beteiligt. Der Tag, der 1. September, erinnert an den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und seine Opfer und soll ein Zeichen für eine friedliche Zukunft ohne Krieg, Konfrontation und Aufrüstung setzen. Beteiligt waren u.a. die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen, der DGB, die Partei DIE LINKE und der hallesche Friedenskreis.

Gemeinsam haben wir gerade angesichts immer mehr schwelender oder ausgebrochener gewaltsamer Konflikte und Kriege konsequent Frieden eingefordert und verschiedene Perspektiven darauf vorgestellt. Auch die Erinnerung an die Ermordeten und Vertriebenen in aktuellen und vergangenen Konflikten stand im Fokus.

Redebeitrag

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

als Landesverband der VVN-BdA, deren Gründungsmitglieder, Überlebende der deutsch-faschistischen KZ, ihr Leben, ihren Kampf, gegen den Faschismus, für Frieden und soziale Gerechtigkeit, gewidmet hatten, bekennen wir uns heute und hier im zweiten Jahr des aggressiven Überfalls Russlands auf die Ukraine und angesichts der weiteren ca. 30 Kriegen weltweit, am Weltfriedenstag, für Frieden und gegen Krieg.

Es ist auch ein Bekenntnis dafür, dass wir als Bewohner dieser Erde nur eine Welt, einen, jetzt so gefährdeten, Planeten, gemeinsam haben, nicht nur Europäer sind, deren Regierende ein beschämendes Abkommen abgeschlossen haben, mit dem Ziel, dass Mauern und Zäune, Grenzbefestigungen und Haftlager uns weiße Menschen vor Flüchtlingen aus der sogenannten 3. Welt, Menschen unserer Erde, sozusagen schützen sollen.

„Ich bin ein planetarischer Europäer“, sagte dagegen der Widerstandskämpfer und Erwachsenenbildner, Dozent an der damaligen pädagogischen Akademie in Halle, Namensgeber der VHS Halle, Prof. Adolf Reichwein. Als religiöser Sozialist wies er in seinem Buch „Die Rohstoffversorgung der Erde“ nach, dass allen Menschen dieser Welt gleichermaßen dieser vorhandene Reichtum zusteht, und die Verteilungsgerechtigkeit auf dieser Grundlage organisiert werden muss.

Diese Gedanken durchziehen auch die am 26. Juni 1945 von den Alliierten des II. WK unterzeichnete Charta der Vereinten Nationen, danach im Okt. von den Ländern der Welt. Kernbotschaft: Nie wieder Krieg. Konfliktlösung durch Verhandlungen und ab 1948 als grundlegender Bestandteil der Charta dazukommend die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.

Auf dieser Grundlage entstanden in vielen Ländern große Friedensbewegungen. Dazu gehörte der Weltfriedensrat, für den das Mitglied der KPF, der weltberühmte Maler, Pablo Picasso, die Lithographie einer Taube schuf, die bis heute als Friedenssymbol um die Welt fliegt.

In der DDR sangen die Kinder: „Kleine weiße Friedenstaube …“

Die Welt aber hatte nicht gelernt: es begann der kalte Krieg zwischen den kapitalistischen und den sozialistischen Systemen. Es begann das Wettrüsten. Es begann das atomare Wettrüsten und damit die Gefahr der Selbstauslöschung der Menschheit.

Es wurden menschenverachtende Kriege geführt, wie der Vietnamkrieg durch die USA, in beispielloser Grausamkeit und Brutalität.

1990 keimte weltweit neue Hoffnung. Nach Implodierung der sozialistischen Systeme waren die Feindbilder von der Weltbühne abgetreten. Die Charta von Paris verhieß ein neues, friedliches Europa, aber der Antipode des verblichenen Sozialismus, sein kapitalistischer Bruder, breitete sich jetzt ungehemmt, global, rücksichtslos, aus.

Führte dazu, dass entgegen der mündlichen Zusagen an den Präsidenten der UdSSR, den weltweit verehrten Michail Gorbatschow, der das Tor zur Freiheit aufstieß, dass keine Osterweiterung der Nato stattfindet, diese gebrochen wurde. Das ist die Vorgeschichte zur heutigen Tragödie, die damit den Aggressor Russland nicht entschuldigt.

Das Töten in der Ukraine hat tausende Menschenleben gefordert, Infrastruktur verwüstet, Menschen zur Flucht gezwungen. Unsere humanitäre Hilfe kann nur lindern.

Was aber ist das Gebot der Stunde?

Sind es tatsächlich immer mehr schwere Waffen, mehr Munition? Kann Gewalt eine Lösung sein?

Viele Staaten der Welt rüsten auf. Deutschland hat im Februar 2022, nach Beginn des Krieges in der Ukraine, eine Zeitenwende eingeläutet. Der vorherrschende Ton: Aufrüstung mit einem sofort bereitgestelltem Sondervermögen von 100 MRD.

Wo aber bleibt ein so schnell zu beschaffendes Sondervermögen für Bildung, Gesundheit, gegen den Skandal der Kinderarmut in unserem reichen Land?

Appelle, Aktionen von Organisationen, Parteien, Bürgern, auch unserer, an die Regierenden, Einfluss zu nehmen, dass das Töten in der Ukraine aufhört, dass es einen sofortigen Waffenstillstand gibt, und man durch Verhandlungen sowie diplomatische Bemühungen zu einer friedlichen Lösung kommt, sind bisher ohne Echo geblieben.

Dafür werden jetzt sogar Raketen großer Reichweite, auch geächtete, mit Uran angereicherte Streumunition geliefert und eingesetzt.

Die Gefahr eines Atomkrieges in Europa ist aktuell durch den Ukrainekrieg auf die Tagesordnung gesetzt. Der atomare Horror ist zurückgekehrt. Gleichzeitig steht die Menschheit vor der Bedrohung einer Klimakatastrophe.

Es ist höchste Zeit zu handeln!

Das Gebot der Stunde: sofort das Töten in der Ukraine beenden! Ebenso in den anderen, davon betroffenen Ländern. Atomwaffen abschaffen! Wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz ergreifen!

Damit erfüllen wir auch das Vermächtnis der Ermordeten und Überlebenden der deutsch-faschistischen KZ und ZH, die auf dem Appellplatz des KZ Buchenwald nach ihrer Selbstbefreiung den Schwur ablegten, zu kämpfen für eine Welt des Friedens und der Freiheit.

Gisela Döring