Eine Erinnerung an den Deutschen Bauernkrieg vor 500 Jahren

20. März 2025

Der Bauernkrieg war die erste Revolution auf deutschem Boden und dauerte zwischen 1524 und 1526, also etwa zwei Jahre. Angesichts einer religiösen Umwälzung erheben sich Untertanen gegen ihre Herren. Er begann mit lokalen Aufständen in Süddeutschland und verbreitete sich rasch in weiteren Regionen. Dies umfasst insbesondere das Oberrheingebiet, Württemberg, Oberschwaben, Franken, Thüringen, Sachsen, Tirol, Schweiz und Elsass. Bereits vorher gab es Erhebungen wie den vom Armen Konrad 1514 im Remstal östlich von Stuttgart. Doch zehn Jahre später erschütterten Bauernaufstände das gesamte Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Die Bergknappen und Städter verbündeten sich mit den Bauern. Es entwickelte sich eine Massenbewegung, wie sie zuvor und nie wieder in Deutschland stattgefunden hat.

Das Manifest der Zwölf Artikel, das Vertreter mehrerer Bauernhaufen am 20. März 1525 in Memmingen in Schwaben verabschiedeten, glich einem revolutionären Programm, das keinesfalls utopisch, sondern durchaus realisierbar gewesen wäre. Es enthielt einen Begriff von Freiheit, der weit über Luthers eigentliche Un- „Freiheit des Christenmenschen“ hinausging. Sie strebten tatsächlich nach Freiheit und Gleichheit. Das artikulierte sich in dem wohl berühmtesten Spruch aus dem Bauernkrieg: „Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?“ Es ging um mehr als die lutherische religiöse Freiheit. Die zwölf Artikel beginnen mit dem Postulat: „dass wir nun führohin Gewalt und Macht wöllen“. Die Aufständischen rebellierten gegen die Adeligen und die Kirche, wollten ihre Pfarrer selbst wählen und sich von materieller Not befreien. Sie forderten eine Reform der Abgaben und die Abschaffung der Leibeigenschaft. Auch das Jagen und Fischen sollten nicht nur ein Privileg der Adeligen, sondern allen gestattet sein.

Die Idee der Gleichheit ist in zahlreichen Dokumenten des Bauernkriegs zu finden. Der Reformator Martin Luther, zunächst sympathisierte er mit den Bauern, die sich auf seine Thesen und seine Lehre von der Freiheit eines Christenmenschen beriefen, fand das alles unerhört, vor allem die Forderung nach Aufhebung der Leibeigenschaft: „Das heißt christliche Freiheit ganz fleischlich zu machen.“ Noch unverblümter verurteilte der Theologe der Reformation, Philipp Melanchthon, das Ansinnen der Rebellen: „Es ist auch ein Frevel und Gewalt, dass sie nicht wollen leibeigen sein“. Denn es galt, der Bauer ist ein Objekt der Herren, nicht viel mehr wert als eine Milchkuh oder ein Ochsengespann. Er war nicht nur entrechtet und wurde gnadenlos von weltlichen und geistlichen Herren ausgebeutet, er war Zielscheibe von Spott, Verachtung und als tollpatschig verschrien. Der Bauer und sein Verbündeter, der „gemeine Mann“ sie wollten nicht mehr das Objekt, sondern das Subjekt, die Basis der Gesellschaft sein.

Eine herausgehobene Bedeutung bei der Niederschlagung des Bauernkriegs hat die Schlacht von Frankenhausen. Sie hängt damit zusammen, dass der Thüringer Bauernhaufen zu den größten gehörte, und der charismatische radikale Prediger Thomas Müntzer, der für ein Gottesreich auf Erden kämpfte, und die Bauern in die Schlacht geführt hatte. Bei Frankenhausen traten die verschiedenen Fürstenheere gemeinsam gegen die Bauern an. Aber die militärisch unerfahrenen Bauern haben den gut gerüsteten Söldnerheeren nichts entgegenzusetzen. Und Luther hatte kurz zuvor seine Schrift „Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern“ verfasst, mit der er die Landesherren dazu aufrief, keine Gnade walten zu lassen. Er will – und kann – die Gesellschaft nicht revolutionieren. Für ihn ist die Obrigkeit göttlich legitimiert, will „nur“ die Kirche erneuern. Zudem betrachtet er die Fürsten als stärkste Kraft im Reich und sucht ihren Rückhalt. Ab Ende April 1525 entwickelte sich Frankenhausen/Kyffhäuser zu einem Zentrum der Bauernerhebungen in Thüringen.

Schlachtberg am Kyffhäuser mit Panorama Museum, Bad Frankenhausen

Am 10. Mai machte sich Müntzer mit 300 Mann, 8 Karrenbüchsen und der Regenbogenfahne auf den Weg von Mühlhausen nach Frankenhausen, das er am 11. Mai gegen Mittag erreichte. Die Unterstützung der Frankenhäuser Aufständischen aus anderen Gebieten war kaum noch zu erwarten, da die Bauern bereits vielerorts durch die errungenen lokalen Verhandlungsergebnisse aufgaben und abzogen oder von den fürstlichen Truppen zerschlagen wurden. Demnach standen den etwa 8.000 Aufständischen, die mit mindestens 15 Geschützen, als Waffen genutzten Arbeitsgeräten (Sense, Sichel, Dreschflegel, Gabel) und den Waffen der zum Waffentragen berechtigten Bergknappen (Spieße, Hellebarden, Kurzsäbel) bewaffnet waren, mindestens 6.000 Landsknechte und Berittene auf Seite der Fürsten gegenüber. Die fürstlichen Truppen wurden derart aufgestellt, dass ein Ausweichen der Aufständischen aus ihrer Wagenburg nicht mehr möglich war. Als das fürstliche Heer den vereinbarten Waffenstillstand brach, unvermutet und heftig mit Geschütz, Reiterei und Fußvolk angriff, waren die Bauern vollkommen überrascht und gerieten in Panik. Sie fanden keine Zeit, die Waffen zu ergreifen oder eine organisierte Gegenwehr zu errichten. Die Masse der Aufständischen flüchtete in die Stadt und wurde dort durch die fürstlichen Truppen niedergemetzelt. Nur wenigen Aufständischen gelang die Flucht. Im Verlauf der direkten Schlacht wurden mindestens 6.000 Menschen getötet. 600 Aufständische wurden gefangengenommen, von denen noch am 16. Mai 300 vor dem Frankenhäuser Rathaus oder auf dem Anger hingerichtet wurden.

Die Ursachen der Niederlage der Bauern lagen nicht nur in ihrer Unterlegenheit bezüglich der Bewaffnung und Kampfausbildung gegenüber den Landsknechtsheeren der Fürsten, sondern auch in der Uneinigkeit der jeweiligen Bauernführer. Das machte sich in ihrer unterschiedlichen Zielsetzung bemerkbar. Die meisten waren hauptsächlich auf die Interessen der Bauern ihrer Region ausgerichtet. Nur wenige, wie etwa Thomas Müntzer, sahen eine gesamtdeutsche Aufgabe in ihrem Handeln. Die Schlacht bei Frankenhausen am 15. Mai 1525 war genaugenommen bereits verloren, bevor sie begann. Es handelte sich tatsächlich um ein Gemetzel, in dem mehrere Tausend Bauern getötet oder ihre Höfe geplündert wurden. Nach Arretierung, Verhör und Folter in der Festung Heldrungen wird am 27. Mai 1525 Thomas Müntzer mit 53 Anhängern vor den Toren im Feldlager der Fürsten in Mühlhausen öffentlich enthauptet, sein Leib aufgespießt und sein Kopf auf einen Pfahl gesteckt. Währenddessen fand die Schändung Ottilie von Gerson, die Frau von Müntzer, statt. Es wurde ein Untertanenstaat mit schlimmster Prägung etabliert. Die Habsburger hetzten ihre Häscher auf die Spur von Flüchtlingen und Gegnern noch bis in die 1530 Jahre hinein, bis zu ihren Exilorten, und ließen sie dort meucheln. In der Folgezeit von Feudalstaaten über Preußen bis in die NS-Diktatur wurden nun mehr und mehr Gehorsam und Treue als oberste Ideale eingefordert. Der Staat, der Kaiser, galt als unbestrittene und unangreifbare Autorität und wurde in Heinrich Manns Roman aus dem Jahr 1914 „Der Untertan“ bestens beschrieben.

Heute erinnert das Bauernkriegspanorama bei Bad Frankenhausen mit dem Monumentalgemälde von Werner Tübke Die Frühbürgerliche Revolution in Deutschland an diese Entscheidungsschlacht.

Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen aus dem Bauernkrieg von vor 500 Jahren: „Die materielle Sicherheit für jeden und Wahrung demokratischer Strukturen. Dass sich nicht wieder Gewalten über uns erheben, die uns entmündigen und entrechten. Und diese Gefahr lauert durchaus von rechts“, meint Prof. Peter Seibert, Autor „Die Niederschlagung des Bauernkriegs 1525, Beginn einer deutschen Gewaltgeschichte“.

Klaus-Peter Schuckies
Vorstandsmitglied

Quellen

Eigene Gedanken in Verwendung mit nd-Artikel vom 21.5.2025 und dem Buch, Die Niederschlagung des Bauernkriegs 1525

Zum Artikel „Jenseits der Angst“ vom 3. März 2025

11. März 2025

Der Landesverband der VVN-BdA Sachsen-Anhalt e.V. schätzt die geschichtspolitische Arbeit des „Zeit-Geschichten-Vereins“, vor allem, aus unserer Perspektive, die Thematisierung der Zeit des deutschen Faschismus.

Um so befremdeter sind wir, dass in diesem Kontext, im Gespräch des Autors mit der Mitgründerin des o.g. Vereins, Heidi Bohley, darauf verwiesen wird, dass „die Entrechtung von Juden in den NS-Jahren und in der frühen DDR“ mit im Fokus der Vereinstätigkeit steht.

So, wie es ausgesagt wird, ist das eine geschichtsrevisionistische Wertung, die wir als VVN-BdA entschieden zurückweisen.

Mit dieser Aussage wird eine Parallelität zwischen einem monströsen Mörderstaat und der ehemaligen DDR hergestellt, der faschistische deutsche Terrorstaat verharmlost und die DDR, durchaus kritisch zu betrachten, dämonisiert.

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27. Januar Gedenken in Gardelegen: Nie wieder ist jetzt!

11. Februar 2025

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Foto: Sophie Weinamann (Volksstimme)

„Nie wieder ist jetzt“. Dieses politische Schlagwort, das im Jahr 2024 sehr populär wurde, ist eine Gegenreaktion auf das Erstarken rechter Parteien und rechter Ideen sowie ein Bekenntnis zur Verantwortung und Verhinderung von Ungerechtigkeit, Hass, Rassismus und Diskriminierung. Dieses Motto vereinte die Anwesenden zur Gedenkveranstaltung am 27. Januar, dem Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, auf dem Gelände der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe (GFI) in Gardelegen. Passend dazu eröffnete Stefan Winzer, Leiter der GFI, eine Foto- und Zeichnungsausstellung von Schülern, die die Konzentrationslager in Auschwitz und Theresienstadt besucht haben.

Die markanten Worte „Nie wieder ist jetzt“ sind ein Zitat aus der deutschen Sprache, welches sich historisch auf die Shoah im Zweiten Weltkrieg bezieht. Es ist das düsterste Kapitel der deutschen Geschichte. Das sich zu wiederholen scheint oder sich zumindest anbahnt. Erstmalig verwendeten Initiatoren und Kulturverantwortliche in Frankfurt am Main und im Rhein-Main-Gebiet diesen prägnanten Satz am 10. Dezember 2023 in ihrem Aufruf, insbesondere in Anbetracht des Attentats vom 7. Oktober 2023 in Israel und des Terrorismus der Hamas, sowie aufrufend zur Solidarität und zur Förderung von Respekt und Vielfalt in unserer Gesellschaft.

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Pressemitteilung: erneuter Vandalismus gegen Stolpersteine in Zeitz

11. Februar 2025

Die Initiative “ Stolpersetine Zeitz“ teilte mit, dass nach dem Rausreißen von 10 Stolpersteinen im Oktober 2025 ein erneuter Anschlag auf Stolpersteine in Zeitz, diesmal kurz vor dem internationalen Holocaust – Gedenktag verübt wurden.

Der Landesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Sachsen-Anhalt, in dessen Reihen sich viele Holocaust-Überlebende befinden und befanden, ist entsetzt über die brutale Schändung der zu Ehren von den Faschisten ermordeten deutsch-jüdischen Zeitzer Bürger*innen verlegten Stolpersteine. Es ist eine Wiederholungstat.

Im vergangenen Jahr begangen um den Jahrestag des Massakers der Hamas an über 1000 jüdischen Menschen in Israel, diesmal in zeitlicher Nähe zum Internationalen Holocaust-Gedenktag. Die verachtenswerte Tat entspringt einem um sich greifenden wütendem Antisemitismus, der sich in Judenhass äußert. Das Anbrennen und Ausglühen der Steine ist eine furchtbare Analogie zum Ersticken, Verbrennen, Vernichten der jüdischen Menschen in Auschwitz. Die neofaschistische Hassbotschaft der Täter richtet sich damit an alle hier lebenden jüdischen Bürger*innen, sie zu vertreiben, zu deportieren. Mit der Schändung der Stolpersteine soll die Erinnerung an die von den deutschen Faschisten Ermordeten ausgelöscht werden. Das lassen wir nicht zu.

Wir fordern die verantwortlichen staatlichen Stellen auf, die Täter unverzüglich zu ermitteln. Wir fordern dazu auf, auch die geistigen Brandstifter zu ächten. Wir halten gemeinsam mit der humanistisch gesinnten Zivilgesellschaft die ehrende Erinnerung an die Opfer des Faschismus hoch.

Gisela Döring
Vorsitzende Landesverband VVN-BdA Sachsen-Anhalt e.V.

Danke Widersetzen!

14. Januar 2025

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Liebes Team des Bündnisses „Widersetzen“, liebe Aktive, liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,

der Landesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Sachsen-Anhalt, gegründet von den Überlebenden der faschistischen Konzentrationslager und Zuchthäuser, bedankt sich bei Euch dafür, wie Ihr es in der kurzen Zeit des nun vorgezogenen Wahlkampfes geschafft habt, eine breite, überregionale Bewegung organisatorisch und inhaltlich, mit dem Ziel, den Bundesparteitag der faschistischen Partei AFD zu verhindern bzw. zu behindern, zu etablieren.
Wir sind stolz auf Euch, dass ihr mit so viel Mut und Tapferkeit, erfüllt von humanistischen Idealen, von den frühen Morgenstunden des 11. Januar 2025 an, in Riesa gegen die Faschisten gekämpft und dem robusten, übermächtigen Polizeieinsatz die Stirn geboten habt.
Unter der Losung „Alle zusammen gegen den Faschismus“ habt ihr euch, aus verschiedenen politischen Kreisen kommend, versammelt, vereinigt, um Euch entschlossen gegen eine faschistische Partei, die die Menschenwürde mit Füßen tritt, gegen die drohende Gefahr der Aushebelung unserer demokratischen, offenen Gesellschaft, zur Wehr zu setzen.

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Trauer statt Hetze, Aufklärung statt Hass, gegen rechte Lügen.

23. Dezember 2024

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Für heute wird eine enorme faschistische Mobilisierung in Magdeburg erwartet. Wenige Tage nach dem brutalen Angriff auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt, instrumentalisiert die AfD das Thema nach Kräften. Dabei greift sie auf die ganze Trickkiste der Demagogie zurück. Aus einem Täter, der mehrfach zustimmend Alice Weidel und andere Rechte geteilt hat, wird ein Migrationsthema, welches angeblich mit noch mehr Rassismus lösbar wäre.
Das besonders zynisch daran ist, dass die AfD weiß, dass der Täter online immer wieder bei ihnen aufgefallen ist. Trotzdem soll ausgerechnet die oben erwähnte Weidel Hauptrednerin der angeblichen „Trauerkundgebung“ werden. Es geht darum, Menschen mit Migrationshintergrund rassistisch zu diskriminieren und auf den Straßen Macht zu zeigen. Bereits einen Tag nach dem Angriff kam es zu einer gewalttätigen Demo in der Magdeburger Innenstadt. Gestern wurden Kommunalpolitiker*innen der Partei Die Linke in Görlitz angegriffen.
Jede Mobilisierung der AfD schadet der Demokratie. Aus Magdeburg gibt es dagegen den Appell, Instrumentalisierung und Hetze nicht zuzulassen. Die Stadt wünscht sich Ruhe zum Trauern. Unter dem Motto „Wir wollen trauern – gebt Hass keine Chance“ soll eine Menschenkette um den Alten Markt herum stattfinden. Der Treffpunkt ist dafür um 17 Uhr an der Haltestelle Alter Markt oder ebenfalls um 17 Uhr an der Johanniskirche.

PM: Wir verurteilen den Stolperstein-Schändung in Halle

24. Oktober 2024

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Der Landesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) verurteilt auf das Schärfste den schweren antisemitischen Vorfall, das brutale Herausreißen von fünf Stolpersteinen, die zu Ehren der Familie Brilling in die Erde eingelassen wurden.
In Halle waren es fünf, in Zeitz fast zeitgleich zehn Stolpersteine, die herausgerissen wurden. Seit dem mörderischen Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel hat sich der latente Antisemitismus im ehemaligen Täterland Deutschland radikalisiert, schlägt in nackte Gewalt um.
Die Gedenkortschänder waren keine gewöhnlichen Diebe. Das war blinder Judenhass, gezielt um den Jahrestag des mörderischen Anschlags, der auf die Gemeinde der halleschen Synagoge verübt wurde.
Das brutale Herausreißen und Herumtrampeln auf den Namen der Opfer des deutschen Faschismus wirkt wie eine zweite Hinrichtung.
Die Täter zielen darauf, die Erinnerung, das mahnende Gedenken, die Ehrfurcht vor den Ermordeten auszulöschen.
Gleichzeitig ist es aber auch eine Hassbotschaft, eine gebündelte Gewaltansage an alle jüdischen Menschen.
Als Teil der demokratischen Zivilgesellschaft, als antifaschistischer Opferverband, in deren Reihen sich auch Holocaustüberlebende und deren Nachkommen befinden, lassen wir uns nicht einschüchtern.
Wir stehen in herzlicher Solidarität zu allen jüdischen Mitbürger*innen hier, aber auch zu denen, die in Israel leben.
Seien wir alle, in historischer Verantwortung stehend, dankbar, dass die Nachkommen der deutsch-jüdischen Opfer wieder zu uns gefunden haben.

Gisela Döring
VVN-BdA Landesverband Sachsen-Anhalt
Vorsitzende

Statement zu den herausgerissenen Stolpersteinen in Zeitz: Deutschland hat ein Antisemitismusproblem

14. Oktober 2024

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Deutschland hat ein Antisemitismusproblem! Deutschland hat ein Menschenrechtsproblem!

Seit dem mörderischen Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel hat sich der latente Antisemitismus im ehemaligen Täterland, Deutschland, radikalisiert, schlägt in nackte Gewalt um. Junge Männer mit Kippa werden zusammengeschlagen, Davidsterne an Wohnungstüren deutsch-jüdischer Menschen geschmiert, jüdische Einrichtungen besudelt.

Auf pro-palästinensischen Demos grassieren Rufe zur Eliminierung von Israel.

Einen Tag vor dem 5. Jahrestag des versuchten Auslöschens der jüdischen Gemeinde zu Halle durch einen Neofaschisten wurden Gedenktafeln an einem weiteren Anschlagsort mit Hakenkreuzen beschmiert.

Wie zur Bestätigung der auf großen Tafeln vom Bündnis Halle gegen Rechts zum Tag des Gedenkens sichtbar gemachten Losung: „Deutschland hat ein Antisemitismusproblem“, wurden in der Nacht zum 9. Oktober, zum Jom Kippur, dem höchsten Fest, dem Versöhnungsfest der Juden, 10 Stolpersteine in Zeitz aus der Erde gerissen.

Sie waren zu Ehren der von den deutschen Faschisten Ermordeten, den deutsch-jüdischen Zeitzer Bürgerinnen und Bürgern, verlegt worden. Ihrer hier, an diesem Ort, wurde gedacht, es war, ist und bleibt ein Gedenkort.

Hier wütete blinder Judenhass. Das Herausreißen der Steine war wie eine zweite Hinrichtung, sollte nun ein endgültiges Auslöschen auch der Erinnerung und des Gedenkens sein.

Gleichzeitig aber auch eine Hassbotschaft, eine gebündelte Gewaltansage an die unter uns lebenden jüdischen Menschen.

Das lassen wir nicht zu!

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Stolpersteine – eine gerechte Form des Mahnens, Gedenken und Erinnern

11. Oktober 2024

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In Zeitz im Burgenlandkreis haben Unbekannte seit Freitag alle zehn Stolpersteine gestohlen, die an das Schicksal der Juden der Stadt erinnern, die zur NS-Zeit deportiert wurden. Und drei Tage später, am 7. Oktober, jährte sich der Überfall der Hamas auf Israel, bei dem 1.200 Israelis getötet und etwa 250 weiter als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Der Staatsschutz hat Ermittlungen aufgenommen, da ein antisemitisches Motiv nicht auszuschließen ist. So lautet kurz und knapp die mediale Schlagzeile dazu. Was verbirgt sich jedoch hinter dieser Meldung und welche Auswirkungen hat sie auf unseren Alltag?

Diese antisemitischen und faschistischen Anschläge oder Schändungen nehmen immer mehr zu. Stolpersteine werden entfernt, beschmiert, mit Farbe und Beton übergossen oder zerkratzt und zerstört.

Stolpersteine bringen die Namen der Naziopfer wieder an die Orte zurück, von denen sie aus vertrieben wurden, sie tragen – oft nach jahrzehntelanger Verdrängung – diesen Vorgang gleichsam wieder an die Oberfläche. Mittlerweile liegen über 105 000 Stolpersteine in über 30 Staaten.

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Zum Gedenken an den 9. Oktober 2019

8. Oktober 2024

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Sehr geehrte, liebe Mitglieder der jüdischen Gemeinde zu Halle an der Saale,

Sehr geehrter Herr Vorsitzender der jüdischen Gemeinde zu Halle an der Saale, Max Privorozki,

an diesem 9. Oktober des Jahres 2024, dem nunmehr fünften Jahrestag des versuchten mörderischen Anschlags auf Ihre in der Synagoge versammelte Gemeinde durch einen Neofaschisten, bekräftigen wir als Landesverband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Sachsen-Anhalt unsere immerwährende Solidarität mit Ihnen allen.

Als Teil der demokratischen Zivilgesellschaft unserer Stadt und der Region freuen wir uns, Sie als unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger bei uns zu haben und damit auch teilhaben zu dürfen an Ihrem lebendigen deutsch-jüdischen Kulturleben.

Wir stehen Ihnen gegenüber als ehemaliges Tätervolk in historischer Verantwortung, und wir lassen es nicht zu, dass Ihnen von Neofaschisten Leid zugefügt wird.

So wie Tausende von Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern, darunter viele deutsch-jüdische Menschen, gegen den deutschen Faschismus gekämpft haben, so tragen wir als VVN-BdA dieses Vermächtnis unserer Gründungsmitglieder in breiten demokratischen Bündnissen weiter.

Das beinhaltet auch unsere entschiedene Haltung zum Existenzrecht des Staates Israel. Wir trauern weiterhin um die Opfer des Massaker der Terrororganisation Hamas, der am 7. Oktober 2023 Getöteten und fordern die Freilassung der Geiseln.

Liebe Mitglieder der jüdischen Gemeinde,

seien Sie nochmals unserer herzlichen und solidarischen Verbundenheit versichert.

Wir wünschen Ihnen mit uns, mit der demokratischen Zivilgesellschaft, ein gutes, ein schönes Leben, in unserer Stadt und der Region.

Gisela Döring
Landesverband VVN-BdA Sachsen-Anhalt
Vorsitzende

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