Am 21. März haben wir zu einer Filmvorführung ins Puschkino eingeladen, um den Film „Die Rote Kapelle“ zu zeigen. Der Film von Claus-Ludwig Rettinger beschreibt die Akteurinnen als Teil eines weitverzweigten und internationalen Netzwerkes zum Widerstand gegen den deutschen Faschismus. Er weist insbesondere auf die Komplexität hin und kritisiert historische Betrachtungen in West und Ost. In der BRD galten die Widerstandskämpfer*innen etwa bis in die Nuller-Jahre als „Vaterlandsverräter*innen“, es gab erst viel zu spät eine Rehabilitierung und alte faschistische Richter urteilte über diejenigen, die sich gegen die deutsche Barbarei stellten.
Wir bedanken uns bei den Organisator*innen der Bildungswochen, die wieder vielfältig und fantastisch waren. Außerdem bedanken wir uns beim Soli-Fonds der Linksfraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt für die Förderung und natürlich bei allen Zuschauer*innen.
Immer wenn kommunale Vertreterinnen ihre rudimentäre Aufgabe wahrnehmen und Geflüchteten nicht zusätzliche Steine in den Weg legen oder sich vielleicht auch mit ihnen solidarisieren, dann reicht das schon, um die Hetzmaschine der extremen Rechten zu aktivieren. Wir kennen das schon aus Tröglitz, wo Neo-Nazis einen gewählten Bürgermeister vertreiben wollten. Und wir kennen es jetzt insbesondere von der faschistische AfD. Zuletzt hat es Götz Ulrich getroffen, der im Burgenlandkreis Landrat ist und sich in dieser Funktion gegen Hass und Hetze ausgesprochen hat. Die AfD wollte vor seinem Privathaus demonstrieren. Das Ziel dahinter ist klar: Demokratische Vertreter*innen sollen vertrieben werden, sie sollen sich nicht sicher fühlen können und ein völkischer Konsens soll hergestellt werden. Dagegen hilft nur, wenn sich Politik und Zivilgesellschaft gegen jede Form rechter Politik stark machen und sich hinter die Bedrohten stellen. Die Zivilgesellschaft hat sich in Bad Bibra genau richtig positioniert: 250 Menschen demonstrierten gegen die AfD, für Solidarität und für Demokratie und stellten sich hinter Götz Ulrich. Das ist ein gutes Zeichen, zeigt es doch, dass die AfD auch hier noch weit von ihrer autoritären Hegemonie entfernt ist. Es muss darum gehen, die Einschüchterungen, Bedrohungen und Angriffe gegen Geflüchtete und Demokrat*innen immer zurückzuweisen – egal wo!
Es gab 2023 insgesamt 2378 Angriffe auf Geflüchtete außerhalb von Unterkünften. Das heißt, dass die zahlreichen Angriffe auf Unterkünfte hier nicht mit einberechnet sind. Und es sagt auch nichts über mögliche Dunkelziffern aus, die die Zahlen noch erhöhen würden. Aber auch die 2378 Angriffe stellen schon den höchsten Wert seit 2016 dar.
2016 gab es eine enorme rassistische Mobilisierung, den ersten Aufstieg der faschistischen AfD und eine Diskurs, der sich immer mehr nach rechts orientierte. Geflüchtete wurden als Problem markiert, es kam zu zahlreichen Anfeindungen im Alltag. Das ist jetzt auch wieder so. Dadurch das die Bundesregierung „endlich im großen Stil abschieben“ will, der größten Oppositionsfraktion von CDU/CSU das noch lange nicht weit genug geht und die AfD gleich völkische Deportationspläne schmiedet, wird das Asylrecht nicht als Menschenrecht wahrgenommen, sondern als Bedrohung, die möglichst einzuschränken ist.
Die bespielhafte Diskussion um die „Bezahlkarte“ stigmatisiert geflüchtete Menschen, die GEAS-Reform der EU schafft die Realität einer militärisch gesicherten Grenze, die das Gebiet erst zur Krisenregion macht, und die Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt und auf dem Amt sorgt dafür, dass Geflüchtete von allen anderen abgegrenzt werden.
All das ist Nährboden für die extremen Rechte, für Gewalt auf der Straße und im Alltag, für Ausgrenzung und Rassismus. Wie aus der rassistischen Rhetorik rechtsextreme Anschläge auf Unterbringungen für Geflüchtete werden, zeigte zuletzt eine Recherche der Amadeo-Antonio-Stiftung. Sie zeigte, wie Rechte unter dem Vorwand „um besser und schneller helfen und spenden zu können“ auf Google-Maps Karten mit Asylunterkünften anlegen und dabei auch Privatwohnungen als Ziele markieren. Das gefährdet die Gesundheit und das Leben von Geflüchteten – und es gefährdet unsere Demokratie. Der höchste Stand der Angriffe muss für alle (!) demokratischen Parteien endlich das Signal zur Abkehr von rassistischer und diskriminierender Politik sein – und Aufruf die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel gegen die extremen Rechte, ihre Helfer*innen und Wegbereiter*innen einzusetzen.
Vor 104 Jahren erschütterte ein rechter Putsch die Weimarer Republik: Die Verschwörer rund um den sogenannten »Kapp-Putsch« vertrieben die Regierung, marschierten mit dem Militär auf den Straßen auf und griffen die Organisationen der Arbeiter*innen an. Ihr Ziel war das Ende jeder Form von Demokratie, der Kampf gegen die linke Bewegung und die Aufrüstung Deutschlands. Verhindert werden konnte dieser Putsch, an den v.a. Offiziere und hohe Beamte teilgenommen hatten, nur durch einen Generalstreik von USPD, KPD, SPD und den Gewerkschaften. Durch die vollständige Lahmlegung der Betriebe mussten die Putschisten nach wenigen Tagen aufgeben. Beim Abzug ermordeten sie allerdings viele streikende Arbeiter*innen und schlugen danach linke Proteste brutal nieder, die über die reine Bewahrung der Demokratie hinausgingen. Das zeigt ein Grundproblem Weimars: Obwohl die linken Arbeiter*innen die Demokratie gerettet haben, wurden ihre Forderungen nie wirklich angehört. Stattdessen bekamen rechte Freikorps, die alle Demokrat*innen bekämpfen wollten, freie Hand, um Streiks, Unruhen oder Demonstrationen niederzuschlagen. So zerstörten die Regierungen – häufig bestehend aus bürgerlichen Parteien und SPD – das Fundament, auf dem die Republik stand: Die Arbeiter*innenbewegung. In Sachsen-Anhalt gibt es viele Mahnmale, die an die Märzkämpfe von 1920 und 1921 erinnern. Das hier abgebildete liegt auf dem Friedhof Ammendorf in Halle.
Wie die Mitteldeutsche Zeitung am 3. Februar 2024 berichtete, kritisierte der stellvertretende Kreisvorsitzende der FDP Witten- berg, Norman Sehmisch, dass auf der Demonstration »Klare Kante gegen rechts« am 27. Januar Antifa-Flaggen gezeigt wurden und bediente das Narrativ der kriminellen und »gewaltbereiten« Antifa.
Demoanmelder Christoph Maier (Evangelische Akademie) äußerte dazu: »Es ist schwierig, gegen faschistische Strömungen vorzugehen und dabei antifaschistische Strömungen auszuschließen.« Im Angesicht der drohenden rechtsextremen Raumnahme fordern wir die FDP auf, sich gemäß dem Motto »Alle zusammen gegen den Faschismus« von ihrer ideologischen Abneigung gegen die Antifa-Flagge zu verabschieden, etwaige politische Differenzen im Sinne demokratischer Pluralität auszuhalten und sich zum Antifaschismus zu bekennen – mit allem, was dazugehört!
Unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt!“ demonstrieren gestern in Merseburg ca. 400 Menschen. Aufgerufen hatte das Bündnis MerseburgfürVielfalt. Es beteiligten sich Weltoffener-Saalekreis , demo._.crazy , Hochschule Merseburg , AWO Halle.Merseburg , LinksjugendSaalekreis , katholische und evangelische Kirche und viele weitere. Besonders gefreut hat uns der Redebeitrag des Stadtratspräsidenten Roland Striegel der von den Vertreter:innen von „CDU, FDP und STATTpartei“ aufforderte Rechtsextremismus als solchen klar zu benennen und an den Demonstartionen teilzunehmen.
Integration durch Zwang? Sozialchauvinismus bekämpfen! Reiner Haseloff, der als CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt vor kurzem noch auf einer Demonstration gegen die extreme Rechte und für gleiche Rechte für alle geredet hat, setzt an letztere nun die Axt an. Das macht er dadurch, dass er sich für einen Arbeitszwang nicht nur für Asylsuchende, sondern auch noch für Erwerbslose einsetzt. Beides ist gleichermaßen falsch und folgt der Idee, dass man seine Grundrechte (Existenzminimum z.B.) erst einmal verdienen müsste – durch die Arbeit für das Gemeinwesen. Geflüchtete und Erwerbslose werden zu Leuten erklärt, deren Rechte erst einmal nicht gelten. Die Arbeit als Ticket in die „normale“ Gesellschaft, was bei Haseloff als „Integration“ gilt, erinnert an sozialchauvinistische Ideologien, die das Leben von Menschen danach bemessen, wieviel geleistet werden kann bzw. werden muss. Wir rufen Reiner Haseloff dazu auf, sich klar davon zu distanzieren und sich gegen den Arbeitszwang zu stellen. Darüber hinaus rufen wir alle, die an guter Arbeit, guten Löhnen und einer solidarischen Gesellschaft interessiert sind, dazu auf, gegen diese Pläne zu protestieren. Denn eines ist klar: Wer manche Menschen zur Arbeit zwingt, schadet allen Arbeiter*innen – denn jede*r hat Angst davor, arbeitslos zu werden, wenn das in der Form bestraft wird. Das hat schon bei der Agenda2010 zu einer Senkung der Reallöhne geführt und wird den Druck auf Arbeiter*innen auch heute weiter erhöhen.
Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat Ulrich Siegmund als Vorsitzenden des Sozialausschusses abberufen, weil dieser am rassistischen „Geheimtreffen“ in Potsdam teilgenommen hat. Das ist eine gute Entscheidung – die einzig richtige. Nun hat die faschistische AfD-Fraktion allerdings angekündigt Hans-Thomas Tillschneider stattdessen als neuen Ausschussvorsitzenden zu benennen. Vorab hat die AfD ihre Schriftführer*innen zurückgezogen, um sich als Opfer zu inszenieren. Siegmund hatte von sich behauptet, das Treffen mit den rassistischen Deportationsfantasien sei seine Privatsache und er müsse ja nicht mit allem übereinstimmen. Hier sehen wir wie die AfD arbeitet: Einerseits wird die Unschuld für sich in Beschlag genommen. Man wisse nichts, könne nichts dafür, sei das Opfer der allmächtigen Anderen. Andererseits geht man in die Offensive: Mit dem Rückzug von Posten und Benennung einer Alternative, die keine Alternative ist, soll Druck aufgebaut werden. Dafür steht die Personalie Tillschneider, der kein Stück demokratischer oder weniger menschenverachtend ist als Ulrich Siegmund. Vielmehr könnte man im Gegenteil sagen, dass Tillschneider noch viel offener in die Netzwerke des völkischen Umsturzes eingebunden ist als Siegmund. Wenn die AfD Tillschneider als Ausschussvorsitzenden installieren will, macht sie demokratische Verfahren lächerlich. Deshalb muss der Landtag hier bei seiner Position bleiben und darf den Faschisten Tillschneider nicht als Ausschussvorsitzenden akzeptieren. Alle demokratischen Parteien in Sachsen-Anhalt und auf Bundesebene müssen zwei Lehren daraus ziehen:
1.) Die AfD ist keine demokratische Partei, sondern arbeitet rein taktisch an der Zerstörung demokratischer Verfahren. Jede Kooperation macht sich daran mitschuldig.
2.) Es gibt in den Reihen der AfD keine akzeptablen Kandidat*innen für demokratische Posten, denn die AfD ist eine faschistische Partei mit faschistischen Abgeordneten. Im Zweifel heißt das auch, weitere Abwahlanträge zu stellen. Vor allem aber heißt es, das AfD-Verbot zu unterstützen und keinen Millimeter nach rechts zu gehen – weder in der Asylpolitik, noch in der Innenpolitik, noch in der Wirtschafts- und Sozialpolitik!
Am Wochenende fanden wieder drei wichtige Demonstrationen statt, an denen wir uns beteiligen konnten. Am Samstag wurde in Magdeburg gegen die extreme Rechte und für Weltoffenheit und Toleranz demonstriert. Ungefähr 6.000 Menschen folgten dem Aufruf des DGB und 125 weiterer Organisationen und beteiligten sich an diesem starken Zeichen gegen die beim „Geheimtreffen“ in Potsdam nochmals deutlich aufgezeigten Pläne der faschistischen AfD.
Am vergangenen Wochenende gab es wieder Proteste gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in Sachsen-Anhalt. In Halle haben ca. 1300 Menschen unter dem Motto „Hand in Hand – Wir sind die Brandmauer“ eine Menschenkette auf dem Marktplatz veranstaltet. In Magdeburg folgten um die 2500 Menschen dem Aufruf „Aufstehen gegen Rassismus!“ und in Weißenfels kamen ca. 400 Menschen zur Kundgebung „Nie wieder ist jetzt“ auf dem Marktplatz zusammen. Letzteres ist bemerkenswert, weil das Engagement gegen Rechts im ländlichen Sachsen-Anhalt besonders viel Mut erfordert. Der soziale Druck auf Protestteilnehmer:innen ist groß, nicht zuletzt weil ca. 25 Neofaschist:innen die Kundgebung beobachteten und versuchten mit Zwischenrufen zu stören. Zum Glück gelang ihnen keine weitere Störaktion wie im August 2023, als der CSD (auch aufgrund von Polizeiversagen) nicht die geplante Demoroute laufen konnte. Organisiert war die Kundgebung vom Bündnis für Toleranz und der Initiative Stadtraum Weißenfels, moderiert von Stadtpfarrer Patrick Hommel.